Projektbeschreibung

PostStroke – Empowerment für Schlaganfallpatienten: ein mobiles, digitales System zur Stärkung der Rezidiv-Prävention, Gesundheitskompetenz und Selbstbestimmung

Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 270.000 Menschen einen akuten Schlaganfall, davon 200.000 Menschen erstmalig. Für die meisten Betroffenen resultieren daraus über das Akutereignis hinaus körperliche Einschränkungen und seelische Symptome, sodass der Schlaganfall oft in eine chronische Erkrankung übergeht. Die weitere Behandlung erfolgt durch niedergelassene Haus- und Nervenärzte, Ergo-, Logo- und Physiotherapeuten sowie – unmittelbar an den Schlaganfall anschließend – auch durch Rehabilitationseinrichtungen. Neben rehabilitativen Maßnahmen, die auf eine bestmögliche Rückbildung der Schlaganfallsymptome abzielen, spielen Maßnahmen, die der Sekundärprophylaxe zuzuschreiben sind, eine große Rolle. Hierbei handelt es sich unter anderem um die korrekte Einnahme von individuell ausgewählten Medikamenten, wodurch das Risiko für einen erneuten Schlaganfall minimiert werden soll.

Um Patienten in der oft schwierigen Zeit nach dem Schlaganfall zu unterstützen, entwickelt die Biomedical Data Analysis Gruppe am Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) zusammen mit der Klinik und Poliklinik für Neurologie, beides Abteilungen der Universitätsmedizin Leipzig, ein innovatives, digitales Konzept zur Verbesserung der Schlaganfallnachsorge, den sogenannten PostStroke-Manager. Dieses Konzept umfasst eine IT-Infrastruktur, die verschiedenen Apps für Patienten, Ärzte und Schlaganfalllotsen sowie mobile Sensoren, sogenannte Wearables, integriert. Der PostStroke-Manager stellt den einzelnen Patienten ins Zentrum der meist vielfältigen Behandlungsstrukturen und hilft auf verschiedene Arten mit der neuen Lebenssituation bestmöglich umzugehen.

Das System umfasst insbesondere eine Patienten-App mit direkter Kontaktmöglichkeit zu Schlaganfalllotsen und dem weiterbehandelnden Hausarzt sowie Angeboten zu rehabilitativen Maßnahmen. Somit können die vorhandenen Therapie- und Rehabilitationsinhalte optimal auf den Patienten abgestimmt werden. Darüber hinaus kann der PostStroke-Manager bei der korrekten Anwendung von Inhalten zur Sekundärprophylaxe helfen, indem er beispielsweise an Tabletteneinnahmen erinnert und – sofern vom Patienten freigegeben – über Bluetooth-fähige Blutdruckmessgeräte wichtige Parameter wie Herzfrequenz, systolischen und diastolischen Blutdruck aufzeichnet. Bei bestehenden oder rückläufigen Halbseitenlähmungen werden zudem die Bewegungen des rechten und linken Armes mit Hilfe von mobilen Sensorarmbändern aufgezeichnet und gegenübergestellt, sodass Unterschiede in der Nutzung der beiden Körperhälften festgestellt und beobachtet werden können. Auch präventive Maßnahmen, wie beispielsweise gesteigerte körperliche Aktivität und geminderter Nikotin- und Alkoholkonsum, können mit Hilfe des PostStroke-Managers protokolliert werden. Die erfassten, multimodalen Daten werden vom System automatisch integriert und für jeden Patienten individuell analysiert. Mit Hilfe von speziell entwickelten Algorithmen können patientenindividuelle Muster determiniert und Abweichungen von diesen Mustern detektiert werden. Diese Informationen werden dem Hausarzt zur besseren Therapieplanung bereitstellt.

Die Aktivierung des PostStroke-Managers erfolgt noch während der Akutbehandlung im Krankenhaus, die meist auf einer Schlaganfallspezialstation, der sogenannten Stroke Unit, erfolgt. Die Basis stellen dabei die in der Akutphase erhobenen Befunde und noch bestehenden Einschränkungen dar. Hierdurch sollen die für den Patienten anschließend wichtigsten therapeutischen und rehabilitativen Inhalte bereits geplant und dadurch ohne Zeitverzug ermöglicht werden. Im Nachgang können die zur Verbesserung des Gesundheitszustands bestehenden medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen durch den betreuenden Hausarzt regelmäßig aktualisiert und somit auf die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Entstehende Fragen zu Versorgungsleistungen und der Inanspruchnahme von Heil- und Hilfsmitteln können über die Patienten-App direkt mit dem Schlaganfalllotsen beantwortet werden. Hierdurch können die auf eine bestmögliche Rehabilitation und Sekundärprophylaxe ausgerichteten Versorgungsstrukturen optimal und ohne Zeitverzug genutzt werden. Außerdem bietet der PostStroke-Manager dem Patienten ein Feedback-System über das eigene gesundheitsbezogene Verhalten und bereits eingetretene Therapiefortschritte, was zur Steigerung der Selbstwirksamkeit und der Gesundheitskompetenz des Patienten beitragen soll.

Durch speziell geschulte Schlaganfalllotsen soll der Patient innerhalb des Projektes im ersten Jahr nach dem akuten Schlaganfall begleitet werden. In dieser Zeit erlernt der Patient den Umgang mit dem PostStroke-Manager, sodass die individualisierte Nachsorge anschließend über digitale Angebote weiter gewährleistet werden kann.

Obwohl die Digitalisierung in der Medizin rasch voranschreitet, stellt der PostStroke-Manager das erste Projekt dar, das auf die Versorgungssituation von Schlaganfallpatienten fokussiert ist und hierfür moderne eHealth- und mHealth-Technologien nutzt.

Das Projekt wird durch öffentliche Mittel des Freistaates Sachsen im Rahmen der Richtlinie „eHealthSax“ für einen Zeitraum von 3,5 Jahren gefördert. Es besteht eine enge Kooperation mit der Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe. Das Projekt wird außerdem von den Deutschen Rentenversicherungen Mitteldeutschland unterstützt.